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„Von den Gütern dieser Erde, deren Genuss man dem Proletariat verweigert, ist nicht das letzte die Kunst. Armut und Unkenntnis sind als Stacheldraht um ihr Gebiet gezogen. Wer eindringen will, muss besitzend sein –

oder er muss wissend werden.“

David Josef Bach, 1913

DAVID JOSEF BACH

David Josef Bach war einer der wichtigsten Kulturförderer und Kulturvermittler im Roten Wien. Neben seiner langjährigen Tätigkeit als Feuilleton-Chef der Arbeiterzeitung, organisierte er von 1905-1934 die Arbeitersinfoniekonzerte und konzipierte zwei große Musikfeste, die als die Vorläufer der heutigen Wiener Festwochen gelten. Seine Hauptanliegen waren die Öffnung des Kulturlebens für die Arbeiterklasse und die Auseinandersetzung mit und Förderung der zeitgenössischen Kunst. Aufgrund seiner jüdischen Herkunft musste er 1939 nach London emigrieren, wo er 1947 verstarb. Trotz der vielen Spuren, die er hinterlassen hat, ist er heute weitgehend in Vergessenheit geraten.Vor einigen Jahren wurde in David Josef Bachs Nachlass in England eine Schatulle gefunden, die er auf seiner Flucht mitnehmen konnte, da sie bei der Ausreise von den Nazis als "wertlos" eingestuft wurde. Diese Schatulle enthält 88 Geburtstagsbriefe mit Fragmenten von Kompositionen, Gedichten und Zeichnungen, die ihm 1924 in Wien von seinen künstlerischen Wegbegleitern zu seinem 50. Geburtstag überreicht wurden. Die Liste der Gratulant:innen liest sich wie ein Who-is- Who der Künstlerkreise der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, darunter der mit Bach eng befreundete Arnold Schönberg, Hugo von Hofmannsthal, Oskar Kokoschka, Lina Loos und Anton von Webern.„Nicht die stolze Liste der Namen soll unser Stolz sein“, schreibt David Josef Bach 1930 im Resümee über 25 Jahre „Arbeiter-Sinfoniekonzerte“. In diesem Sinne werden in diesem Projekt nicht nur die klingenden Namen der Geburtstagsgratulant:innen beleuchtet, sondern auch heute weniger bekannte Künstler:innen wie der Maler Leo Delitz, der Bach eine Zeichnung von Musiker:innen, die auf Wolken sitzen und gemeinsam musizieren, widmete, oder auch MariaStrauss-Likarz, Mitglied der „Wiener Werkstätte“, die eine Zeichnung von Frauen, die am Strand liegen und Schach spielen, beisteuerte.In einer künstlerisch-wissenschaftlichen Annäherung wird nun eine Auswahl der Briefe wieder zum Leben erweckt. Eingebettet in eine Lecture, die in das Leben David Josef Bachs einführt, werden die Briefe mittels Live-Improvisation in neuen Kontext gestellt. Die Mitwirkenden sind ao. Univ.- Prof. Dr. Christian Glanz (Lecture), Haruki Noda (Live Elektronik), Lisa Hofmaninger (Saxofon) und Helene Glüxam (Kontrabass, Komposition).Auch David Josef Bach selbst kommt zu Wort mit Auszügen aus seinen vielen Texten, die er über Jahrzehnte als Journalist in der Arbeiterzeitung und im Magazin der Sozialdemokratischen Kunststelle "Kunst und Volk" publizierte. Die Uraufführung des Projekts fand im Dezember 2022 im Sigmund Freud Museum statt – ein Ort, mit dem David Josef Bach als Mitglied von Freuds „Psychologischer Mittwochsgesellschaft“ selbst jahrelang vertraut war.

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